Air Berlin steht vor Teilverkauf

27.07.2016

Air Berlin steht vor Teilverkauf

Air Berlin, Deutschlands zweitgrösste Fluggesellschaft, fliegt seit Jahren massive Verluste ein. Trotz mehrmaligen Zuschüssen von mehreren 100 Mio. € durch die Etihad Gruppe sitzt Air Berlin auf einem Schuldenberg von über 800 Mio. €. Um die dringend notwendige Restrukturierung zu finanzieren, verhandelt Air Berlin oder genauer gesagt Hauptaktionär Etihad mit dem Lufthansa-Konzern über einen Verkauf des Europageschäftes. Lufthansa interessiere sich für die Direktverbindungen, die Air Berlin abseits ihrer Zentrumsflughäfen Berlin und Düsseldorf bietet. Weiter steht die Übernahme von 40 Flugzeugen samt Crew zur Diskussion. Die Meldung über die Verhandlungen veröffentlichte vergangene Woche das deutsche Handelsblatt. Offiziell erklärten Lufthansa, Etihad und Air Berlin auf Anfrage, sie kommentierten diese Gerüchte nicht.

Selten hat allerdings ein Geschäft zumindest aus Sicht der Lufthansa so viel Sinn ergeben. Der Konzern versucht derzeit, mit Eurowings eine eigene Billig-Tochter für die Bedienung dezentraler Strecken in Europa aufzubauen. Eine Flotte von über 200 Flugzeugen soll in nützlicher Frist entstehen und als Bollwerk gegen die vorrückenden Low-Cost-Airlines Easy Jet und Ryanair dienen. Doch Eurowings bekundet Mühe, genügend Personal und Flugzeuge heranzuschaffen. Mit der übernahme von Teilen der Air Berlin, käme der Ausbau viel schneller voran, und der innerdeutsche Konkurrent wäre ebenfalls verschwunden. Die Verhandlungsbereitschaft der Lufthansa dürfte auch dadurch erhöht worden sein, dass Etihad im Frühjahr das Europageschäft von Air Berlin schon Easy Jet angeboten haben soll. Damals scheiterten die Gespräche angeblich an den Preisvorstellungen von Etihad. Die Verhandlungen um den Teilverkauf sind für Air Berlin ein Rennen gegen die Zeit. Die Airline stand im Januar schon kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, konnte die Rechnungen für Flughafengebühren und Lieferanten nicht mehr bezahlen. Nur weil die Kreditoren stillhielten, habe sich der Gang zum Konkursamt vermeiden lassen, sagt ein Air Berlin-Insider. In den letzten Monaten hat Air Berlin alle Flugzeuge verkauft und zurückgemietet, um an Bargeld zu kommen. Die britische Investmentbank HSBC hat den Wert der Air Berlin Aktie anfang Juli 2016 auf null gesetzt.

Ein  Teilverkauf von Air Berlin hätte allerdings auch Folgen für die in Zürich ansässige Tochtergesellschaft Belair Airlines. Was bei einem Verkauf des europäischen Direktverkehrs mit Belair passieren soll, ist aber offenbar noch nicht entschieden. Bei Belair will zur Zeit niemand Stellung nehmen.

 

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